Predigtreihe „Zukunft der Kirche“ 02.06.2024

02. Juni 2024 | Andachten

 


Predigt vom 02.06.2024


Predigtreihe „Die Zukunft der Kirche“

Wo zwei oder drei … – Predigt 2 – Mt 18,20

2. Juni 2024- P. Dr. Michael Giebel

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde,

a) heute hören Sie die zweite Predigt im Rahmen der Predigtreihe „Die Zukunft der Kirche“. Vergangenen Sonntag habe ich darüber gesprochen, dass die Volkskirche, so wie wir sie kennen und wie sie seit Jahrhunderten Bestand hatte, stirbt. Sie können die Predigt auf unserer Homepage www.evangelisch-im-tollensewinkel.de nachlesen und anhören. 

Die Volkskirche ist eine bestimmte Form, kirchliches Leben zu gestalten und zu organisieren. Doch diese Form trägt nicht mehr, da sich die Rahmenbedingungen extrem verändert haben. Dass eine bestimmte Form von Kirche vergeht, bedeutet aber nicht unbedingt, dass es kein kirchliches Leben mehr gibt. Auch weiterhin wird es Gelegenheiten geben, gemeinsam zu glauben, lieben und hoffen. Diese Formen werden sicher kleiner und anders, als es zu Zeiten der Volkskirche möglich war. An dieser Stelle setzt nun die heutige Predigt ein. 

b) Im Matthäusevangelium sagt Jesus einmal: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) 

Jesus geht es an dieser Stelle nicht um eine bestimmte Organisationsstruktur. Ihm geht es um das gemeinsame Gebet. Konkret sogar um Gebet zur Vergebung und Versöhnung in Konflikten. Als Begründung für die Kraft eines solchen Gebets gibt er dann diese Verheißung: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)

Damit sagt Jesus etwas ganz Grundsätzliches. Es gilt immer, wenn sich Menschen in seinem Namen versammeln und miteinander beten. Dann ist Jesus dabei durch seinen Geist. Dann haben wir Gemeinschaft mit ihm und miteinander. Das gemeinsame Gebet ist damit die Kernzelle jeder christlichen Gemeinschaft und jeder Gemeinde. Das ist die DNA jedes Gottesdienstes. Dafür braucht es keinen besonderen Ort, keine Kirche oder kein Gemeindehaus. Dafür braucht es auch keinen Pfarrer, keinen Priester oder Pastor. Es braucht auch keinen Altar, keine Kerzen, keine Musik und keine Orgel. 

Es braucht nur zwei Christinnen oder Christen, die miteinander die Hände falten und beten. Vielleicht mit eigenen Worten, vielleicht das Vater Unser. Und Jesus ist dabei. 

Dieses gemeinsame Gebet geschieht an vielen Orten. In Familien als Abendgebet der Eheleute oder mit den Kindern, bei Besuchen in der Gemeinde, am Bett eines Kranken im Krankenhaus, in der Christenlehre, ja sogar im Posaunenchor und an vielen weiteren Orten. Und es geschieht natürlich auch im Gottesdienst und vielen Andachten. 

Diese Verheißung gilt aber nicht nur für das gemeinsame Gebet. Sie gilt auch, wenn Christen gemeinsam in der Bibel lesen, gemeinsam handeln und der Nächstenliebe Raum geben. Dann Jesus ist Jesus in ihrer Mitte und dabei. Das gemeinsame Gebet ist damit so etwas wie die DNA christlicher Gemeinschaft.

c) Ein zweiter Gedanke ist mir wichtig. Jesus sagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“

Es geht also um Jesus Christus. Und wenn es um Jesus geht, dann geht es für uns Christen auch immer Gott. Wir können nicht mehr von Gott reden, ohne von Jesus zu reden. Jesus ist für uns Christen der Schlüssel zu Gott. Und dort wo Jesus ist, da ist auch Gott. Im Normalfall beginnen wir darum unsere Gottesdienste im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Damit ist klar, dass wir uns in Jesu Namen versammeln. Natürlich sichert nicht die liturgische Formel die Gegenwart Jesu. Auch wenn wir sie nicht sprechen, aber im Geiste Jesu zusammen sind, ist er gegenwärtig. 

Alles, was wir als Christen in Gemeinschaft tun, steht damit unter der Verheißung Jesu. Er ist mitten unter uns. Ganz am Ende des Matthäusevangeliums bekräftigt Jesus dieses Versprechen noch einmal. Er verspricht: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Mt 28,20) Darauf können wir uns verlassen. 

Das heißt freilich nicht, dass wir Christen immer alles richtig machen. Oft genug verhalten wir uns eben gar nicht im Sinne Jesu. Sich im Namen Jesu zu versammeln meint auch immer, nach dem Willen Gottes zu fragen und nicht nur sein Etikett drauf zu kleben. Wir können auch seinen Namen missbrauchen. Das will ich hier aber nur andeuten. 

Mir kommt es heute auf das Versprechen von Jesus an. Da, wo Christen in seinem Namen zusammenkommen, nach seinem Willen fragen und versuchen zu leben, da ist er dabei. 

Und das kann eben sein, wo wir nur zu zweit sind oder zu dritt. Oder aber auch mit 50, 100 oder tausenden Menschen uns treffen. Jesus ist die Mitte, darauf kommt es an. 

d) Manchmal sind wir in den Dörfern tatsächlich nur zu zweit oder dritt. Und wir merken es, dass wir Christen in unserem Land, aber auch in unserer Region, immer weniger werden. Noch trägt uns ein Stückchen weit die Struktur der alten sterbenden Volkskirche. Sie belastet uns aber auch erheblich. Mit weniger Menschen schaffen wir es kaum noch, allen Aufgaben der Verwaltung und Erhaltung unserer Kirchen und Gebäude nachzukommen. Natürlich kann auch immer alles anders kommen und viele fragen plötzlich wieder nach Gott. Aber nach menschlichem Ermessen werden unsere Gemeinden weiter schrumpfen. 

Es wird immer auch Gottesdienste und Veranstaltungen geben, an denen wir ganz viele sein werden. So wie beim Gemeindeausflug nach Ueckermünde oder an Himmelfahrt in Barkow oder zu anderen schönen und besonderen Anlässen. Doch in den Zeiten dazwischen sind wir zum Gottesdienst eben manchmal nur zwei oder drei oder fünf oder sechs. 

Noch haben wir drei Planstellen für Pastoren in unserer Region. Unser Propst war uns wohlgesonnen. Andere Regionen mussten bei der letzten Runde mehr kürzen als wir. Irgendwann werden auch hier weniger Pastorinnen oder Pastoren vor Ort sein. Manches, was jetzt noch geht, wird dann nicht mehr gehen. Mir ist wichtig, dass wir jetzt schon anfangen, uns darauf einzustellen. 

Ich habe dazu verschiedene Ideen im Kopf. Und den Anfang nehme ich bei dem Wort von Jesus von den zweien und dreien. 

d1) Christliches Leben und geistliche Gemeinschaft findet nicht nur im Gottesdienst am Sonntagmorgen statt. Es gibt viele Möglichkeiten, als Christen zusammen zu kommen und zu beten. Und das findet jetzt auch schon statt. Und so soll es weitergehen. Vielleicht gibt es noch die ein oder andere neue Gelegenheit, sich in kleiner Runde zum Gebet zu treffen. 

Wir haben darum angefangen, in den einzelnen Orten mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Eine erste Runde in Lebbin gab es bereits. Weitere folgen bald. Wir wollen vor Ort darüber reden, welches Angebot jeweils interessant ist und was die Leute sich wünschen oder vorstellen können. Aber auch, was sie selbst einbringen wollen. Der Gedanke dazu ist aus dem Klausurtag der Kirchengemeineräte im letzten November entstanden. Und in der Dienstberatung haben wir ihn weiterentwickelt. Meiner Frau und mir sind diese Gesprächewichtig. Wir hoffen, dass daraus ein paar gute Ideen und Impulse für das christliche Leben in unserer Region entstehen. 

d2) Doch ich will noch einen Schritt weitergehen. Manchmal frage ich mich, was eigentlich meine Aufgabe hier als Pastor ist. Klar, Gottesdienste zu halten, Kasualien und Seelsorge, immer wieder Bauprojekte und viel Verwaltung, wahrscheinlich mehr, als die meisten von Ihnen denken.  Und dann schaue ich auf die Entwicklungen der letzten Jahre. Und ich denke: Eigentlich müssten wir die Gemeinden darauf vorbereiten, wie sie Gemeinde sein können ohne einen Pastor vor Ort. 

Es wird dazu manche Veränderungen im Bereich der Verwaltung eines Pfarramtes geben müssen. Das kann die Gemeinde mit ehrenamtlichen Kräften nicht leisten. Doch diese Frage, muss an anderer Stelle bedacht werden. Heute kommt es auf das geistliche Leben an. 

Die Stadt wird gegenüber den Dörfern dabei immer etwas im Vorteil sein. Doch wie kann es auch auf den Dörfern geistliches Leben geben, wenn eines Tages keine regelmäßigen Gottesdienste durch Pastorinnen oder Pastoren mehr angeboten werden können?

Ich denke dabei ein Mini-Andachten, die die Christen eines Dorfes miteinander feiern. Die, denen der Glaube und die Gemeinschaft mit Jesus wichtig sind. Vielleicht ein regelmäßiges Abendgebet am Freitag- oder Samstagabend. Die Glocken werden geläutet, einer spricht das Votum: „Wir sind hier zusammen, im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes oder des Heiligen Geistes.“ Oder vielleicht auch dieses Verheißungswort Jesu: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) Dann liesteine die Herrenhuter Losungen und vielleicht eine Auslegung aus einem Kalenderblatt dazu. Dann betet man gemeinsam das Vater Unser und einer spricht den Segen. 10-15 Minuten. Und je nach Möglichkeiten vor Ort, kann man auch ein Lied gemeinsam singen. Alles ohne einen Hauptamtlichen. 

Emilia Handke, die Leiterin des Predigerseminars der Nordkirche, sagte im Januar auf einer Mitarbeitertagung, dass es in der Zukunft unsere Aufgabe sein wird, „die Feuer brennend zu halten. Mancherorts nur auf kleiner Flamme, an anderen Orten lodernd groß.“ Man könnte also sagen, es braucht Hüter der Flamme. 

Und ich hoffe einfach, dass wir solche Hüter der Flamme finden. Ich denke, dass wir jetzt anfangen müssen, nach ihnen zu suchen. Vielleicht gehören ja auch Sie dazu. Noch sind wir hier mit Pastoren gut versorgt. Und es wird auch immer Pastorinnen geben, die bestimmte Aufgaben hier in der Region wahrnehmen. 

Es wird auch immer wieder Höhepunkte geben. Nach dem Konfirmationsgottesdienst haben mir einige gesagt, dass dies ein schöner Gottesdienst war. Die Kirche war voll. Viele Menschen waren da. Die Atmosphäre war feierlich, die Musik hat gepasst. Solche Gottesdienste sind schön. Und solche Höhepunkte wird es auch immer wieder geben. Doch daneben braucht es eine Kontinuität auch im ganz Kleinen. Da, wo zwei oder drei sich in Jesu Namen treffen und miteinander ein Gebet sprechen. 

e) Als durch die Volkskirche geprägte Christen sind wir oft nicht gewohnt so zu denken. Und manch einer wird sich über das ärgern, was ich sage. Sagen Sie mir Ihren Ärger gerne weiter. Ich habe auch keine fertigen Lösungen. Aber ich möchte unseren Blick schärfen und Impulse geben für die Gemeinden in unserer Region. 

Große Zahlen sind zwar schön. Aber am Ende ist immer etwas anderes viel wichtiger: dass Jesus selbst in unserer Mitte ist. So, wie er es uns verheißt:

„Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)

Amen 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

2

Anstehende Veranstaltungen

Neuste Beiträge