Andacht 31.12.2023

31. Dezember 2023 | Andachten

 

Predigt vom 31.12.2023
Predigtlied: Bevor die Sonne sinkt

Prediger 3,1-15 „Zeit für…“ 

Predigt am Altjahresabend 2023

Bibeltext

1Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 

2Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; 
pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 
3töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;
abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 
4weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; 
klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 
5Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; 
herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 
6suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; 
behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 
7zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; 
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 
8lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; 
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. 

9Man mühe sich ab, wie man will, 
so hat man keinen Gewinn davon. 
10Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. 11Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. 12Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. 13Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. 14Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll. 15Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.

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Predigt

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde,
a) „Alles hat seine Zeit“, so haben wir es eben in der Lesung aus dem Buch des Predigers gehört. Wenn alles seine Zeit hat, dann habe ich mich gefragt: Was hat jetzt Zeit? Wofür ist jetzt Zeit?

Manchmal sage ich: „Ich habe keine Zeit.“ Das ist oft so, wenn eine meinerTöchter ins Büro kommt. Manchmal haben sie nur eine kurze Frage. Dann lässt sich das fix machen. Aber manchmal haben sie ein größeres Anliegen. Und dann sage ich schnell: „Ich kann jetzt nicht. Ich habe keine Zeit.“ 

Im Grunde genommen ist der Satz falsch. Denn natürlich hat jeder von uns Zeit. Und das gar nicht so wenig. Normalerweise sind es 24 Stunden am Tag. Die Frage ist, wie wir diese Zeit füllen. Denn soviel ist auch klar: In 24 Stunden kann man einiges, aber nicht alles machen. Irgendetwas bleibt meistens liegen, im Büro, im Haushalt, im Garten, in der Familie. Also: Wofür nehme ich mir Zeit?

b) Im vergangenen Jahr hatte ich mir zu Sylvester etwas vorgenommen, dass ich in diesem Jahr unbedingt schaffen wollte. Einen guten Vorsatz, sozusagen. Ich wollte mit dem Rennrad 1000 Kilometern fahren. Dafür habe ich mir Zeit genommen. Das war nicht einfach, denn es gibt viele andere Dinge, die Zeit beanspruchen. Aber ich habe es geschafft, knapp, aber geschafft. Die letzten Kilometer bin ich am 1. Weihnachtsfeiertag geradelt. 

Ich frage einmal: Gab es etwas, das Sie sich im letzten Jahr vorgenommen hatten? Vielleicht ein bestimmtes Projekt im Garten? Oder eine Reise an einen bestimmten Ort? Oder einen lang geplanten Besuch? 

Und wenn Sie nun zurückblicken, haben Sie es geschafft? Haben Sie sich die Zeit genommen, die Sie dafür brauchten?

c) Manchmal ist es aber auch so, dass sich etwas einfach in den Vordergrund drängt. Manchen Dingen kann man nicht ausweichen. Sie lassen sich nicht planen, sie platzen einfach ins Leben hinein. Das können schöne Ereignisse sein, wie ein netter Besuch von jemandem, den man lange nicht gesehen hat. Es können aber auch schlimme Ereignisse sein, wie eine schlimme Diagnose oder auch der Tod eines lieben Menschen. Solche Ereignisse nehmen sich einfach Zeit, ohne zu fragen. Und sie brauchen auch Zeit. Sie stellen manche ausgeklügelte Zeitplanung auf den Kopf. Und man kann es nicht verhindern. 

Im vergangenen Jahr gab es so manches Ereignis, dass uns im Persönlichen, aber auch im Globalen beschäftigt und Zeit eingefordert hat. 

d) „Alles hat seine Zeit“, lehrt uns der Prediger. In seinem Gedicht stellt er dabei immer gegensätzliche Dinge einander gegenüber:

„Geboren werden und sterben hat seine Zeit.“
Damit ist unser ganzes Leben umrissen. Unser Leben ist begrenzt. Wir haben nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung. Wir wissen aber nicht, wie lange jeder von uns hat. Ist Geboren-Werden besser als Sterben, oder ist Sterben besser als Geboren-Werden? Den Prediger interessiert das scheinbar nicht. Beides ist für ihn Teil des Lebens, wie Gott es dem Menschen bestimmt hat. Und doch weiß er um die Bitterkeit des Todes, wie er an anderen Orten zeigt. 

Die anderen Gegensatzpaare nehmen unsere alltäglichen Erfahrungen auf: Weinen und lachen, Abschied nehmen und sich wiedersehen, schweigen und reden. Oder auch ganz praktisch zerreißen und zunähen. Mir wird deutlich, dass zum Leben nicht nur der Fortschritt, das Wachstum, das Streben nach immer mehr gehört. Auch das Innehalten gehört dazu wie der Abschied, oder einmal einen Schritt zurückzugehen oder etwas aufzugeben. 

Und wieder frage ich mich: Wann ist Zeit für was? Was ist jetzt dran? Im persönlichen vielleicht, aber auch in unseren Gemeinden? Wofür nehme ich mir Zeit? Was nimmt sich von alleine Zeit?

e) Hinter dem Buch des Predigers steht ein antiker Lehrer der Weisheit. In seinem kleinen Buch trägt er viele Gedanken über Gott, die Welt und das Leben zusammen. Manche seiner Gedanken klingen etwas resigniert und ernüchternd. Doch im Grunde genommen rückt er ein paar falsche Vorstellung über Gott, die Welt und das Leben zurecht. Davon ausgehend ist sein Thema dann die Freude am Leben, die Gott gibt. 

„Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“ (V. 13) Das ist eine wichtige Erkenntnis, die der Prediger uns mitgibt. Es ist Gottes Gabe, dass wir das Leben genießen dürfen. Gott gönnt uns das Leben, und er gönnt uns die Lebensfreude. 

Schnell könnte man den Prediger hier nun missverstehen. Es wäre geradezu zynisch, von einem Schwerkranken zu fordern, jetzt auch mal ein bisschen fröhlich zu sein. So ist das nicht gemeint. Der Prediger weiß sehr wohl, dass es Zeiten gibt, in denen geklagt werden muss, in denen geweint werden muss. Diese Zeiten haben ihr Recht. Zum Leben gehören eben auch der mühevolle Alltag und manch schmerzhafte Erfahrung.

Doch diese schweren Zeiten machen nicht das Ganze des Lebens aus. Der Prediger macht uns klar: Das Leben ist nicht nur Leid und Mühe. Das Leben ist auch Freude und Fröhlichkeit. Beides gehört dazu. Das Leben so sehen und annehmen zu können, ist eine besondere Gabe Gottes.

Gott ist dabei der feste Grund im Leben. Er garantiert die Ordnungen des Lebens. Er gönnt uns Menschen das Leben. Aber er begrenzt es auch. Wer dies annimmt, ehrt Gott. 

f) Das Buch des Predigers richtet seinen Blick ganz auf unser Diesseits. Es betont dabei den Abstand zwischen Gott und Mensch. Gott bleibt dabei ein verborgener Gott, dessen Handeln wir oft nicht verstehen können. Er gibt den Menschen wenig von sich zu erkennen. Der Prediger weiß noch nicht viel von der Liebe Gottes, die uns dann in Jesus Christus begegnet. 

Und doch können wir etwas von ihm lernen. Wir leben eben noch nicht im Paradies. Wir leben noch in Raum und Zeit, in denen viele Erfahrungen zweischneidig bleiben. 

Und genau an diesem Ort ermutigt uns der Prediger zu einer glaubenden Gelassenheit in Bezug auf das Leben, weil Gott da ist. Und mit Jesus können wir ergänzen: weil Gott uns liebt. Eine glaubende Gelassenheit, das ist ein tiefes Vertrauen, dass Gott alles in seiner Hand hält, auch unsere Zeit. Diese Gelassenheit möchte ich heute vom Prediger lernen. 

g) „Alles hat seine Zeit!“, so lernen wir im Buch des Predigers. 

Nun ist Zeit für ein neues Jahr. Es kommt auf uns zu. Und in wenigen Stunden wird es da sein. 

Wofür ist jetzt Zeit? Was ist jetzt dran? Oder was drängt sich gerade auf?
Wofür werden wir uns Zeit nehmen im neuen Jahr?

Nehmen wir uns Zeit für Gott. Jeden Tag bewusste Zeit mit Gott.
Nehmen wir uns Zeit für die Freude und den Genuss des Lebens, 
das Gott uns gibt. 
Nehmen wir uns Zeit für Unerwartetes oder Überraschendes.
Nehmen wir uns auch die Zeit für den Alltag, denn auch er gehört dazu und ist eine Gabe Gottes. 

In allem aber gehen wir voll Vertrauen mit Gott in das neue Jahr. Denn unsere Zeit steht in seinen Händen. (Ps 31,16a) Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

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