Andacht 02.12.2023

03. Dezember 2023 | Andachten

 

Predigt vom 02.12.2013
Predigtlied:O Heiland reiß die Himmel auf

Offene Türen – Predigt zum 1. Advent,

03.12.2023, über Psalm 24,7-10

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus

Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

(1) Es klingelt an der Tür. Und nicht immer weiß ich, wer davorsteht. Manchmal sind

es Gäste, die ich erwarte. Manchmal kommt ein Besucher unverhofft vorbei.

Manchmal haben die Kinder außerplanmäßig eine Stunde eher Schulschluss und

kommen schon nach Hause.

Manchmal ist es ein Teppichhändler, den ich gleich an der Haustür abweise. Denn bei

Menschen, die mir absolut fremd sind, bleibe ich an der Tür erstmal vorsichtig bis

skeptisch. Der Nordkurier berichtete am vergangenen Dienstag, dass ein

Neubrandenburger in seiner eigenen Wohnung ausgeraubt wurde. Die Täter hatten

ihn sofort k.o. geschlagen, nachdem er ahnungslos die Wohnungstür geöffnet hatte.1

Doch meistens bitte ich den Gast herein. Im Reden und Zuhören lerne ich den

anderen besser kennen. Meine offene Tür ermöglicht Begegnung. Und das bleibt

spannend.

Wenn ich meine Haustür öffne, dann können nicht nur Gäste eintreten. Genauso gut

kann ich selbst durch die offene Tür hinaustreten. Jenseits meiner Türschwelle wartet

das Abenteuer „Leben“ auf mich. Ich weiß nicht, was mich jenseits meiner

Wohnungstür erwartet. Auch das bleibt spannend. Ich muss nur den Schritt durch die

Tür hinauswagen.

Und welche Freude gibt es erst, wenn sich die Türen eines Gefängnisses öffnen!

Knapp einen Monat vor Weihnachten sind in Berlin erste Straftäter vorzeitig aus der

Haft entlassen worden. Sie profitieren von der sogenannten Weihnachtsamnestie: Da

sie rund um den Jahreswechsel ihre Strafen abgesessen hätten, dürfen sie schon vor

Weihnachten das Gefängnis verlassen. Hier ermöglicht die offene Tür die Rückkehr in

ein normales Leben. (Außer in Bayern, da wird prinzipiell nie zum Jahresende

begnadigt.)2

1 Vgl. Nordkurier vom 28.11.2023, S. 11.

2 Vgl. Nordkurier vom 28.11.2023, S. 6.Doch manchmal kommt es auch vor, dass eine Tür verschlossen bleibt, zu, kein

Durchkommen. Das, was dahinter liegt, bleibt verborgen. Es regt meine Fantasie an.

Welches Geheimnis gibt es dahinter zu entdecken?

Türen machen es spannend: Wer steht davor und möchte hereinkommen? Wem

begegnet man, wenn man durch offene Türen hindurchgeht? Und was könnte man

hinter einer geschlossenen Tür entdecken?

Und ganz im Hinterkopf taucht die Frage auf: Ist Gott für mich ein Fremder, der an

der Tür klingelt, oder ein sehnsüchtig erwarteter Gast?

(2) Der Psalm 24, den wir vorhin miteinander gebetet haben, fragt nach: Wer steht

vor der Tür und begehrt Einlass?

„Erhebt, ihr Tore, eure Häupter; erhebt euch, ihr uralten Pforten; denn es kommt der

König der Herrlichkeit,“ so schallt es in Jerusalem über den Tempelvorplatz. Die

Pforten des Tempels sind noch geschlossen. Und von drinnen her stellt jemand mit

lauter Stimmer die Frage: „Wer ist dieser König der Herrlichkeit? Wer steht da vor der

Tür?“

Die Tempelpforten öffnen sich nicht für jeden, genauso wenig wie wir für jeden

Trickbetrüger die Tür öffnen würden. Da muss schon der echte König davor stehen.

Denn der Platz im Tempel und damit auch in den Herzen der Menschen ist dem einen

Gott vorbehalten, dem, der Himmel und Erde gemacht hat. Und so lautet die Antwort

von draußen: „Es ist der Herr, stark und mächtig, ein Kriegsheld in der Schlacht.“

Um ganz sicher zu gehen, wird Frage und Antwort noch einmal wiederholt. „Wer ist

er, dieser König der Herrlichkeit? – Es ist der Herr Zebaoth, er ist der König der

Herrlichkeit.“ Erst nach dieser doppelten Versicherung öffnen sich die Tore zum

Tempel. Mehr noch, die Tore sollen sich heben. Anscheinend ist der Türsturz noch zu

niedrig, um den großen Herrn hindurchziehen zu lassen.

Diese Frage-und-Antwort-Runden machen zweierlei deutlich:

Zum Einen ist natürlich klar, dass Gott nicht körperlich durch die Tempelpforten in

den Tempel hineinzieht. Gott ist größer und lässt sich nicht in einem Gebäude

festhalten. Vielmehr sind die weit geöffneten Türen ein Zeichen dafür, wie sich die

Menschen auf die Ankunft Gottes vorbereiten. Eben so, wie wir es im ersten Lied

gesungen haben: Auch die Türen unserer Herzen öffnen wir weit, damit der König der

Herrlichkeit in unserem Leben einzieht. Das machen wir uns ganz besonders heute

bewusst, zum 1. Advent, zum Beginn eines neuen Kirchenjahres, wenn wir singen

„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.“Zum Anderen erkennen wir hier etwas von Gottes Wesensart: Er benutzt die

Türklingel, statt wie ein Dieb die Tür aufzubrechen. Doch das ist nicht

selbstverständlich. Denn es kommt ja Gott selbst, der Schöpfer der Welt. Die Welt

gehört ihm, sie ist sein Eigentum und kein fremdes Hoheitsgebiet. Und trotzdem:

Gott dringt nicht einfach ein, er schlägt nicht mit roher Gewalt geschlossene Türen

ein. Obwohl keiner ihm den Einlass in sein Eigentum verwehren könnte, steht Gott

vor der Tür und klingelt. Er kommt nicht ohne Erlaubnis. Er wartet, dass wir die Tür

aufmachen und ihn hereinbitten.

Denn Begegnung beginnt damit, dass Türen geöffnet werden und dass der, der davor

steht, hereingebeten wird.

(3) Wem begegnen wir, wenn wir mutig für Gott unsere Türen öffnen? Wer ist denn

dieser Gott, den wir erwarten? Die Texte des 1. Advents zeigen uns diesen Gott in

seiner ganzen Bandbreite.

In Psalm 24 hören wir von dem mächtigen und gewaltigen Gott, der in den Tempel

einzieht. Er wird als Kriegsheld gefeiert, der nach einer siegreichen Schlacht

heimkehrt. Er hat die Macht, das Böse und alles Lebenszerstörende zu besiegen.

Und andererseits hören wir im Evangelium, wie Jesus in Jerusalem einzieht. Er reitet

auf einem Esel durch das Stadttor. Er kommt in Sanftmut und Demut. Er bringt

Vergebung mit sich und Frieden. Und er ist als Mensch mitten unter Menschen, er

kennt und versteht sie.

Gott mit seiner Gewalt und mit seiner Sanftmut – dieser Gott ist es, der vor unserer

Tür steht. Und ich denke: Beides brauchen wir in unserem Leben. Gottes Macht, die

größer und stärker ist als alles, was unser Leben bedroht, sei es hier auf Erden, sei es

in seiner Ewigkeit. Ein Gott, der uns wie ein Kriegsheld nach außen verteidigt und

bewahrt. Und ebenso brauchen wir Gott mit seiner Sanftmut und seiner Liebe, der

unseren Herzen Trost und Frieden schenkt.

Diesen Gott brauchen wir in unserem Leben, den König mit all seiner Herrlichkeit, der

so groß ist, dass die Türstürze der Tempelpforten sich für ihn anheben müssen, und

der so klein ist, dass er in eine Futterkrippe passt.

(4) Schaue ich zurück auf das vergangene Jahr, dann scheint es gar nicht so

selbstverständlich zu sein, dass Gott vor unserer Tür steht und hereinkommen

möchte, um uns Gutes zu tun. Da scheint es, als ob Gott den Spieß umgedreht hätte.

Schaue ich zurück auf die vergangenen Monate, dann sehe ich noch an einer ganz

anderen Stelle eine offene Tür. Da hat Gott selbst sein Tor zum Himmelreich

geöffnet. Und ich denke: Gott hat seine Tore zum Himmel zu oft aufgemacht und

Menschen zu sich geholt. Menschen, von denen wir dachten, dass sie eigentlich noch

gar nicht dran wären.Manchmal warten wir auf Gott, hier auf Erden. Da haben wir unsere Türen

aufgemacht und hoffen darauf, dass Gott bei uns einzieht, stark und mächtig, dass

seine Herrlichkeit den Lauf der Geschichte zum Guten ändert. Doch da steht niemand

vor unserer Tür, die wir hoffnungsvoll geöffnet hatten. Stattdessen öffnet Gott die

Tore zu seinem Himmelreich. Und wir bleiben leer zurück. Nur mit einer Handvoll

Sehnsucht. Manchmal haben wir nicht mehr als das zu bieten hinter unseren

Herzenstüren: Den Wunsch, Gott möge bei uns einkehren, auch wenn dieser Wunsch

nur wie ein kleines Kerzenlicht flackert.

(5) Manchmal bleibt Gott für uns Menschen unbegreiflich und manchmal auch wie

ein Fremder, der an unserer Haustür klingelt. Oder der scheinbar noch nicht einmal

das tut. Manchmal ist es schwierig für uns, Gottes Größe und seine Sanftmut

zusammenzudenken.

Doch gerade für diesen unbegreiflichen Gott möchte ich meine Herzenstüre öffnen.

Wenn der Herr vor unserer Herzenstür steht, dann ist es ihm egal, was sich dahinter

verbirgt. So, wie wir sind, so wie es in unserem Herzen aussieht – so nimmt es Gott.

Er, der Himmel und Erde geschaffen hat, kommt auch damit klar.

Ich weiß: Ich brauche diesen Gott mit seiner Macht und mit seinem Trost. Für ihn

möchte ich meine Herzenstür aufmachen. Voller Hoffnung, immer wieder.

Und so gehe ich in diesen Advent. Mit der Sehnsucht, dass er über die Schwelle

meines Herzens tritt und mir begegnet. Mit der Hoffnung, dass das, was er mitbringt,

mich belebt und erfüllt, so wie es der Besuch eines lieben Gastes tut.

„Erhebt, ihr Tore, eure Häupter; erhebt euch, ihr uralten Pforten; denn es kommt der

König der Herrlichkeit. – Wer ist er, dieser König der Herrlichkeit? –Es ist der Herr

Zebaoth, er ist der König der Herrlichkeit.“

Und der Frieden Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen

und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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