Andacht 29.09.2024

28. September 2024 | Andachten

 


Predigt vom 29.09.2024

1. Tim 4,4-5 Predigt zum Erntedankfest

29. September 2024 – P. Dr. Michael Giebel

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Gemeinde, 
a) „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.“ So lautet ein ganz bekanntes Tischgebet. Vielleicht haben Sie es schon einmal gehört oder sprechen es selbst vor Mahlzeiten zuhause am Küchentisch. 

Für manche gehört das Tischgebet fest zur Mahlzeit dazu. Andere sprechen es nur manchmal. Und manche kennen diesen Brauch gar nicht. 

Es gibt da Klassiker wie „Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir, wir danken dir dafür.“ Oder es gibt humorvolles wie: „Für Spaghetti lang und schlank, sag ich meinem Schöpfer Dank. Ebenso für die famose, leckere Tomatensoße!“

Die Auswahl an Tischgebeten ist dabei riesig. Bei meinem Onkel gab es sogar manchmal noch ein Dankgebet nach dem Essen. Erst dann durften wir aufstehen. 

So ein Tischgebet ist ein schönes Ritual. Es macht für alle klar, dass jetzt das Essen beginnt. Man fängt gemeinsam an. Und man isst gemeinsam. Das Gebet verbindet uns untereinander. Und es verbindet uns mit Gott. Und so geht das Tischgebet weit über ein schönes Ritual hinaus. 

b) Für den Erntedanktag ist heute ein Bibelwort vorgesehen, das auch vom Tischgebet spricht. Wir finden die Worte im 1. Timotheusbrief: 

4Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird;5denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.(1. Tim 4,4-5)

c) Essensfragen haben die Menschen wohl immer schon beschäftigt. Wenn nicht genug da ist, dann ist man für alles dankbar. Aber wenn es eine Auswahl gibt, dann gehen die Geschmäcker doch weit auseinander. Wer Kinder zuhause hat, der weiß das. Pommes und Nudeln gehen fast immer. Aber sobald etwas anderes als Ketchup dazukommt, wird es mitunter schwierig. Doch auch wir Erwachsene sind ja zum Teil sehr wählerisch. 

Wenn wir über das Essen nachdenken, dann geht es jedoch nicht nur um Geschmacksfragen. Für manche Menschen gelten religiöse Speisegebote, so zum Beispiel für Juden und Muslime. Andere Menschen müssen ihre Essgewohnheiten aus gesundheitlichen Gründen umstellen. Daneben gibt es inzwischen auch viele, die ihre Essgewohnheiten aus einer inneren Überzeugung heraus ändern, Vegetarier oder Veganer zum Beispiel. 

Und wie das so ist, nicht nur über Geschmack lässt sich gut streiten. Je mehr innere Überzeugung dahintersteht, desto schärfer fallen mitunter die Diskussionen über das Essen aus. 

Auch der Schreiber des 1. Timotheusbriefes kannte solche Diskussionen. Er begegnete Menschen, die wahrscheinlich insgesamt eine negative Sicht auf alles Materielle und Weltliche hatten. Diese Leute hielten sich an bestimmte Speisevorschriften. Sie hofften, dadurch den körperlichen Genuss mehr oder weniger abzutöten. So wollten sie ihren Geist reinigen und Gott näherkommen.

d) An dieser Stelle gefällt mir der biblische Realismus einfach gut. Alle Speisen, die Gott geschaffen hat, sind erst einmal gut. Sie sind Teil der guten Schöpfung Gottes. Und wenn ich Gott danke, dann darf ich sie fröhlich genießen. Das finde ich klasse. 

Beim Essen kommt es also weniger darauf an, was wir essen. Pizza und Boulettenoder Mangold-Smoothie und Möhren-Sticks: alles passt. Da gibt es keinerlei Einschränkungen. 
Nur nebenbei: Natürlich gibt es gesündere und weniger gesündere Lebensmittel. Wer jeden Tag nur Pommes mit Schnitzel ist, ernährt sich langfristig nicht unbedingt ausgewogen. Das könnte man an dieser Stelle noch weiter ausführen. Aber dafür sprechen Sie am besten mit einem Ernährungsberater. 

Zurück zum Thema: Es kommt also weniger darauf an, was wir essen. Es kommt vielmehr darauf an, dass wir eine bestimmte innere Haltung haben. Das ist die Dankbarkeit gegenüber Gott. Denn alle guten Gaben in der Natur gibt uns Gott.Das feiern wir ja auch am Erntedankfest. 

Diese Dankbarkeit ist wichtig. Denn wenn ich für etwas dankbar bin, dann nehme ich es als etwas Gutes an. Wer die Schöpfung verachtet, der kann nicht dankbar dafür sein. Wer sich über etwas ärgert, der wird sich nicht freuen. Wenn man etwas ablehnt, dann kann man es nicht annehmen. 

Gottes Schöpfung ist gut. Und darum dürfen wir uns über sie freuen und die Gaben in ihr dankbar genießen. Das ist dem Schreiber des Timotheusbriefes wichtig. Dahinter steckt eine tiefe Bejahung des Lebens. 

e) Mir ist noch etwas anderes wichtig. Wer für etwas dankbar ist, der geht auch verantwortungsvoll damit um. 

e1) Wenn ich für etwas dankbar bin, dann behandle ich es auch entsprechend. Wenn ich ein Geschenk bekomme, über das ich mich freue, dann gehe ich damit sorgfältig um. Eine schöne Karte hefte ich für ein paar Wochen an den Kühlschrank. Dann freue ich mich umso länger darüber. Eine Blume stelle ich in eine Vase mit Wasser, damit sie möglichst lange hält. Mit Menschen, Tieren oder Sachen, gehe ich anders um, wenn sie mir etwas bedeuten. 

Man könnte es so sagen: So sorgsam sollten wir auch mit den guten Gaben umgehen, die auf unserem Tisch stehen. Und ich denke dabei nun an etwas mehr als ein schönes Gedeck und Tischschmuck. Es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit den guten Gaben Gottes. 

• Sich den Teller vollhauen und dann die Hälfte wegschmeißen, das passt nicht.

• Ebenso wenig passt es, wenn Millionen Tonnen von Lebensmitteln in Supermärkten weggeschmissen werden. 

• Es bedarf auch eines verantwortungsvollen Umgangs mit den Ressourcen unserer Erde. Denn die Erde stellt uns unsere Nahrung zur Verfügung. 

• Das betrifft auch den Umgang mit Tieren in der Fleischproduktion. Da gibt es große Unterschiede in der Haltung und in der Wertschätzung der Tiere. 

In vielen dieser Fragen entwickelt sich etwas, ein Umdenken findet statt. Und das ist gut. Wer kann, sollte das auch durch sein Einkaufsverhalten unterstützen. Da darf es dann auch mal weniger sein, aber dafür verantwortungsvoll hergestellt und produziert.

e2) Die Dankbarkeit verbindet mich dann auch mit dem, der mir etwas gegeben hat. Es ist doch auch zwischen uns Menschen so: Ein Geschenk oder eine kleine Aufmerksamkeit stärkt die Beziehung. 

Heute am Erntedankfest denken wir in besonderer Weise an Gott. Er gibt uns soviel Gutes. Im Psalm 104 denkt der Beter darüber intensiv nach. Wir haben einen Ausschnitt aus dem Psalm vorhin gesprochen. 

Da ist der Wasserkreislauf. Natürlich verstehen wir den Wasserkreislauf heute besser als der Beter vor 2 ½ tausend Jahren. Aber immer noch können wir darin etwas von Gottes Segen und Güte erkennen. 

Da sind die Kreisläufe der Natur, die Jahreszeiten, das Wachsen und auch das Vergehen. Natürlich verstehen wir das heute viel besser als die Menschen damals. Und doch zeigt sich darin etwas von Gottes Barmherzigkeit.

Und da ist auch die menschliche Arbeit, ohne die unsere Essensversorgung nicht möglich wäre. Schon damals ging es nicht ohne. Der Mensch lebt nicht im Paradies, nicht im Schlaraffenland. Doch ohne Gottes Segen ist alles Menschliche tun umsonst. Und das wussten die Menschen damals mit Sicherheit besser als viele Menschen heute. 

Darum soll unser Dank auch Gott gehören.

f) Und damit sind wir wieder beim Tischgebet. Wenn ich zu Beginn der Mahlzeit ein Tischgebet spreche, dann verbinde ich mich mit Gott. Dann bringe ich Gott meinen Dank zum Ausdruck. 
Oft schließen wir dann auch einen Dank an den Koch oder die Köchin an. So sind wir durch das Gebet auch untereinander verbunden, als Menschen, die gemeinsam an einem Tisch sitzen. 

Das Tischgebet erinnert mich daran, dass ich etwas Wertvolles vor mir habe. Etwas Kostbares, mit dem ich verantwortungsvoll umgehen will.

Sie merken, ein Tischgebet ist viel mehr als ein kleines Ritual vor dem Beginn der Mahlzeit. 


Wenn Sie also noch nicht regelmäßig ein Tischgebet sprechen, dann möchte ich Sie dazu ermutigen. Füllen Sie diesen alten Brauch mit Leben, mit klassischen oder modernen Gebeten. Im Internet werden Sie schnell fündig werden. Einen Link dazu habe ich Ihnen auf das Liedblatt abgedruckt. 
Und falls Sie das Beten vor dem Essen vor lauter Magenknurren vergessen haben: kein Problem. Dann geht es auch so: „Lieber Gott, nun hab‘ ich ganz vergessen, dir zu danken vor dem Essen. Magen voll und Teller leer – dann dank‘ ich dir halt hinterher.“ Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

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