Andacht 29.01.2023

28. Januar 2023 | Andachten

Predigt vom 29.01.2023
Lied zur Predigt: Du Morgenstern, du Licht vom Licht

Berg- und Talfahrt

Predigt zu Mt 17,1-9, Letzter Sonntag nach Epiphanias, 29.01.2023

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus

Christus. Amen.

Liebe Gemeinde

(1) der Predigttext für heute gleicht einer Berg- und Talfahrt. Von ganz unten nach

ganz oben und wieder herunter – das erleben einige Jünger mit Jesus. Davon

berichtet der Evangelist Matthäus im 17. Kapitel:

1Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und

Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. 2Und er

wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und

seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3Und siehe, da erschienen ihnen

Mose und Elia; die redeten mit ihm. 4Petrus aber antwortete und sprach zu

Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir

eine, Mose eine und Elia eine. 5Als er noch so redete, siehe, da überschattete

sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist

mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! 6Als das

die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. 7Jesus

aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 9Und als

sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser

Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten

auferstanden ist.“

(Mt 17,1-9)

Soweit der Bericht des Matthäus über die Verklärung Jesu.

(2) Nun haben wir heute das große Glück, die drei Jünger im Interview zu hören, die

mit Jesus auf dem Berg waren. Stellen wir uns einmal vor, wie sie aus ihrer Sicht

darüber berichten, was sich dort oben zugetragen hat und wie es ihnen erging.

Fragen wir zuerst einmal den Jakobus. Sag mal, Jakobus, wie war das damals für dich

auf dem Berg?

„Der Berg war ja ganz schön steil. Und von oben hatten wir eine beeindruckende

Aussicht. Doch darum ging es ja gar nicht. Denn plötzlich veränderte sich das

Aussehen von Jesus. Sein Gesicht leuchtete von innen heraus. Seine Gewänder

glänzten wie der weißeste Schnee in der Sonne. Auf einmal standen noch zwei

Personen da. Das waren wohl Mose und Elia. Die hätte ich sonst gar nicht erkannt,

denn ich habe sie ja noch nie persönlich getroffen, sie sind ja schon lange tot. Jesus

redete mit ihnen. Was, weiß ich nicht, das habe ich nicht verstanden. Aber sie

schienen alle drei sehr vertraut miteinander zu sein.

Etwas unwohl habe ich mich schon gefühlt. Was hatten wir da oben zu suchen? War

das wirklich für unsere Augen bestimmt? Da gehörten wir nicht hin.

Und dann prescht mal wieder Petrus vor, typisch. Der konnte seine Klappe mal

wieder nicht halten. Der quatschte voll rein in das Gespräch von den dreien. Das sich

das absolut nicht gehörte, wurde klar, als ihm die Stimme aus den Wolken

antwortete. Vor Schreck sind wir auf die Knie gefallen, das hat uns völlig überrumpelt.

Der Schreck verschlug sogar dem Petrus die Sprache.

Und dann war ganz plötzlich dieser Zauber wieder vorbei. Jesus sah eigentlich wieder

ganz normal aus. Die anderen beiden waren wieder weg. Alles war wie immer. So

kletterten wir wieder den Berg runter.

Was ich damals nicht verstanden hatte, war, dass Jesus uns verbot, über die

Geschehnisse auf dem Berg zu reden. Wozu hatte er uns denn dann mitgenommen?

Und eine zweite Frage trieb mich um, immer, wenn ich Jesus anschaute, nämlich die

Frage: Wer ist das wirklich?“

Vielen Dank, lieber Jakobus.

(3) Doch fragen wir nun mal seinen Freund Petrus.

Petrus, wie ist es dir damals ergangen? Hat dein Freund Jakobus sich zurecht für dich

geschämt?

„Ich hatte mich ja so gefreut, dass ich das oben auf dem Berg erleben durfte. Im

Nachhinein weiß ich, dass meine Äußerung nicht angemessen war. Ich wollte mal

wieder mehr, als gut war. Aber ich war einfach so froh und eifrig dabei, dass ich übers

Ziel hinausschoss. Ich wollte etwas festhalten, was nicht von Dauer ist, was wir nicht

festhalten können: die Lebenden, die Toten, die Zeit. Nichts davon lässt sich in einen

Kasten sperren oder eben in eine Hütte, die wir abschließen könnten. Denn über

nichts davon haben wir Macht. Noch nicht einmal über die guten Zeiten und

Höhepunkte unseres Lebens. Die lassen sich nicht zementieren, auch die guten Zeiten

bleiben nicht auf Dauer. Auch wenn ich das toll fände.

Dort oben, auf dem Berg, waren wir weit weg, hoch über dem Alltag. Irgendwie

waren auch wir Jünger entrückt. Denn das, was uns hingegen dort unten in der Ebene

erwartet hätte, war sehr beunruhigend. Denn kurz bevor Jesus mit uns auf den Berg

gestiegen war, hatte er uns das erste Mal von seinem bevorstehenden Leiden und

Tod erzählt.

Ist es dann ein Wunder, wenn ich lieber dort oben auf dem Berg geblieben wäre?

Dort, wo ich mich Gott im Himmel näher fühlte, wo ich Jesus in Sicherheit wusste?

Lieber dort oben bleiben als sich der Lebensgefahr dort unten aussetzen. Die

himmlische Wirklichkeit, die ich dort oben erlebte, die wollte ich festhalten.“

Vielen Dank, lieber Petrus. Jakobus nickt schon. Er kann dich verstehen, dass du nur

das Beste für Jesus wolltest, nur aus ganz menschlicher Sicht.

(4) Nun bin ich aber gespannt, was der Dritte zu sagen hat.

Johannes, du warst ebenfalls mit auf dem Berg. Wie erging es dir?

„Die Reaktion auf Petrus‘ Worte kam dann prompt – doch ganz anders als gedacht.

Denn Gott selbst antwortete ihm aus einer hellen Wolke. Gott sagte sehr deutlich,

dass Jesus tatsächlich sein geliebter Sohn ist. Gott war dem Petrus nicht Böse, ganz

im Gegenteil: Gott bestätigte selbst noch einmal das, was Petrus kurz vorher bekannt

hatte. Denn kurz vor unserer Bergwanderung hatte Petrus in unser aller Namen zu

Jesus gesagt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Auch wenn

Petrus mit seinem Wunsch, Hütten zu bauen, dann etwas daneben lag, wurde sein

Bekenntnis, seine Erkenntnis, von Gott selbst bestätigt. Gott hat eben seine eigene

Art von Humor.

Wir waren dann schon sehr geschockt, als wir Gottes Stimme hörten. Wir sanken auf

die Knie und wagten nicht, die Augen zu heben. Wir waren wie in Schockstarre. Und

wir fürchteten uns sehr. Angesichts der Herrlichkeit Gottes, die aus der Wolke sprach,

fürchteten wir uns nicht nur ein bisschen, sondern richtig heftig. Es war genau in dem

Moment, als wir erkannten, dass Jesus wirklich und wahrhaftig Gottes Sohn war.

Wenn wir Menschen Gottes Herrlichkeit erkennen, wenn wir mit dem Herzen sehen,

dass Jesus der Christus und Gottes Sohn ist, dann hat es genau das zur Folge: große

Furcht, oder besser gesagt, große Ehrfurcht. Dann erkennen wir, wie groß der

Unterschied zwischen Gott und uns ist. Zwischen dem hellen Licht der göttlichen

Wirklichkeit und der Finsternis hier unten bei uns, in unserem Leben und in unserer

Welt.“

Vielen Dank, lieber Johannes. Das sind ja ganz weitreichende Gedanken.

(5) Nun wird mir gerade von der Redaktion ein Überraschungsgast gemeldet. Per

Telefon hat sich noch einmal Matthäus, der Evangelist, dazugeschaltet. Er möchte

noch etwas ergänzen.

„Vielleicht habt ihr es bemerkt, eine kleine Besonderheit. In meinem Evangelium gibt

es nur noch eine einzige weitere Stelle, wo es heißt, dass sich Menschen eben nicht

nur einfach fürchten, sondern ausdrücklich sehr fürchten. Und das waren der

römische Hauptmann und seine Soldaten, die den gekreuzigten und sterbenden Jesus

auf Golgatha bewachten.

Mit dieser kleinen Besonderheit will ich noch einmal darauf aufmerksam machen,

dass beides zusammengehört: der Jesus Christus, verklärt auf dem Berg, für die

Jünger in all seiner Göttlichkeit sichtbar, und der Jesus Christus, der sterbend am

Kreuz hängt, für alle Welt in seiner Menschlichkeit und Gottesferne sichtbar. Jesus

Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Er selbst umfängt alles, die höchste

göttliche Herrlichkeit und den tiefsten Abgrund, den ein Mensch fern von Gott

überhaupt erleben kann. Er umfasst alles, er kennt alles.“

(6) Vielen Dank, lieber Matthäus.

Ich sehe, Johannes möchte auch noch etwas ergänzen.

„Es war im wahrsten Sinne berührend, als Jesus uns anrührte. In dieser Geste lag

soviel mehr. Denn er berührte uns, wie er sonst Kranke anrührte, wie er Menschen,

die schon auf der Totenbahre liegen, aufrichtete und neues Leben schenkte. All das

hatten wir doch schon mit Jesus erlebt. Und nun vertrieb seine Hand an meiner

Schulter meinen Schrecken und die Todesangst. Gleichzeitig versprach er uns damit:

Auch in unserem Tod wird er zu uns treten. Er wird die Schatten der Finsternis

vertreiben. Er selbst wird als strahlendes Licht in den Tod hereinbrechen. Es wird

seine Hand sein, die uns aufrichten wird, damit wir zu einem neuen Leben aufstehen

werden.“

Das ist doch ein schönes Schlusswort. Vielen Dank euch allen, meine Herren.

An dieser Stelle beenden wir unser Interview und schalten zurück in den

Gottesdienst.

(7) Liebe Gemeinde, haben Sie noch die Fragen des Jakobus vom Beginn im Ohr?

Ich denke, nach unserem Interview können wir sie beantworten.

Die eine Frage war, warum Jesus die Jünger mit hinaufgenommen hatte.

Als Jesus die Bergtour unternahm, stand ihm und auch den Jüngern sein Kreuzestod

noch bevor. Das Erlebnis oben auf dem Berg stärkte sie für das Kommende. Es

versicherte ihnen noch einmal, dass Jesus Gottes Sohn ist, auch im Tod am Kreuz.

Gott bekannte sich zu Jesus, gerade jetzt, kurz vor seinem Leiden. Es half den

Jüngern, in den Niederungen des Alltags nicht an Jesus irre zu werden.

Die zweite Frage des Jakobus war nach all diesen Erlebnissen auf dem Berg: „Wer ist

das?“

Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Er ist derjenige, der mit uns die guten

Zeiten verlebt, die Höhepunkte unseres Lebens. Und er ist der, der uns auch in den

Tiefen des Lebens begleitet. Er steigt mit uns und wegen uns hinab, bis in den Tod.

Jesus steht neben uns, auch wenn wir in Schockstarre verfallen. Wenn wir

Situationen erleben, die unser Herz und Leben einfrieren. Wenn der Tod mitten ins

Leben hereinbricht und alle Lichter zu verlöschen scheinen.

Doch Jesus Christus ist auch der, der stärker und mächtiger und heller ist als der Tod.

Der uns im Tod anrührt und uns aufhilft zu einem neuen Leben.

Wer ist Jesus? Er ist der, der uns unbeirrt auf der Berg- und Talfahrt unseres Lebens,

in allem Auf und Ab, begleitet.

Und der Frieden Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen

und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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