Andacht 26.01.2025

26. Januar 2025 | Andachten

 

Predigt vom 26.01.2025


Aschenputtel beim TÜV 

Predigt zur Jahreslosung 1Thess 5,21 – 26.01.2025

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. 

Liebe Gemeinde,

1) heute geht es um die Jahreslosung. Sie steht im ersten Brief, den der Apostel Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki geschrieben hat. In Kapitel 5, Vers 21, heißt es: „Prüft alles und behaltet das Gute.“ (1Thess 5,21) 
Man könnte das auch anders sagen: Aschenputtel arbeitet neuerdings beim TÜV. Was das mit der Jahreslosung zu tun hat, das wissen Sie dann hoffentlich am Ende der Predigt.

Bei der Aufforderung „Prüft alles!“ könnte man tatsächlich denken, dass dieses Jahr nicht wie sonst die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen den Vers ausgesucht hat, sondern der TÜV. 
Denn der TÜV prüft alles. Der Technische Überwachungsverein überprüft Aufzüge in Hochhäusern auf ihre Sicherheit hin ebenso wie die Bremsen an unseren Autos. Erst wenn der TÜV seine Plakette draufklebt, darf man mit dem Auto weiterfahren. Dann ist der Personenlift technisch voll einsatzfähig, und die Benutzung stellt keine Gefahr für Leib und Leben dar. Wenn etwas TÜV-zertifiziert ist, kann man davon ausgehen, dass es in Ordnung ist. 

Unsere Jahreslosung hat so etwas von einem TÜV-Zertifikat. 

2) Doch wie ist das? Prüft alles, wirklich alles? 
Pro Tag trifft der Mensch ungefähr 20.000 Entscheidungen, manche bewusst, manche auch unbewusst. Wenn ich tatsächlich anfangen würde, jede einzelne Entscheidung mit ihren Vor- und Nachteilen gegeneinander abzuwägen, würde ich gar nicht mehr fertig werden. So also kann die Jahreslosung nicht verstanden werden. 

Ebenso meint sie wohl kaum, dass man einfach alles ausprobieren muss. Ich denke da an Alkohol und Drogen. Auch da hört man manchmal, dass man das halt mal probieren muss. Doch das kann furchtbar schief gehen. Prüfen heißt hier also nicht einfach praktisch ausprobieren. Prüfen heißt vielmehr, manches auch im Vorhinein gedanklich zu durchdringen und so zu einem Urteil zu kommen. 

Wir sehen also, dass es nicht darum geht, alles auszuprobieren oder sich bei Kleinigkeiten aufzuhalten. 

3) Um zu sehen, wie die Jahreslosung gemeint ist, lohnt ein Blick auf die Verse rundherum. Ich lese aus dem 5. Kapitel des 1. Thessalonicherbriefs die Verse 15bis 22 (NL): 

15 Seht zu, dass niemand Böses mit Bösem vergilt, sondern versucht immer, einander und auch allen anderen Gutes zu tun!
16 Seid immer fröhlich.
17 Hört nicht auf zu beten.
18 Was immer auch geschieht, seid dankbar, denn das ist Gottes Wille für euch, die ihr Christus Jesus gehört.
19 Unterdrückt den Heiligen Geist nicht.
20 Verachtet das prophetische Reden nicht,
21 sondern prüft alles, was gesagt wird, und behaltet das Gute.
22 Meidet das Böse in jeglicher Form!

Die Aufforderung in unserer Jahreslosung steht in einer Reihe von insgesamt 17 Imperativen. Vor zwei Wochen, bei der Allianzgebetswoche, haben wir uns näher damit beschäftigt.

Die Christen, an die sich diese Liste richtete, gehörten der noch jungen Gemeinde in Thessaloniki an. Paulus hatte nicht viel Zeit dort verbringen können. Denn er musste bald nach der Gemeindegründung aus der Stadt fliehen. Und da er nicht vor Ort sein konnte, schickte er zunächst seinen Mitarbeiter Timotheus nach Thessaloniki. Und später, ungefähr im Jahre 50 n.Chr., schrieb er diesen Brief. Paulus versuchte, die Gemeinde auf Kurs zu halten und aus der Ferne im christlichen Leben zu unterweisen. 

4) Dabei vertraute er auf den Heiligen Geist. Denn damals, zu seiner Zeit, hatten die Christen in Thessaloniki noch nicht wie wir das Neue Testament, das sie zu Rate ziehen konnten. Außer den Schriften unseres Alten Testaments hatten sie nur die Erinnerung an ihren Gemeindegründer Paulus und das, was der Geist ihnen eingab. Also:

20 Verachtet das prophetische Reden nicht,
21 sondern prüft alles, was gesagt wird, und behaltet das Gute.

Und das ist nun nichts, was schnell geht. Es ist ein Prozess, der länger dauert. 
Es ist wie ein Navigieren über die offene See, wenn man längere Zeit mit dem Schiff unterwegs ist. Das Schiff muss auf Kurs gehalten werden, damit es das Ziel wohlbehalten erreicht. Ziel ist das Gute, dort sollen wir an Land gehen. Das Bild ist nicht so weit hergeholt, denn das griechische Verb für „behalten“(katexw) kann auch heißen, dass ein Schiff auf Land zusteuert und dort anlandet. 
Das Ziel, mit dem Paulus hier diese Liste an Verhaltensweisen aufschreibt, ist die Heiligung. Er schreibt davon etwas weiter vorne: „Gott möchte, dass ihr heilig seid.“ (1Thess 4,3) Die Adressaten sollen also so leben, wie es Gott entspricht und wie sie mit ihrem Leben Gott die Ehre geben. Das wäre dann sozusagen das TÜV-Zertifikat auf dem Leben eines Christen: TÜV-geprüft gottgemäß.

5) Nun brauchen wir das Aschenputtel, das beim TÜV arbeitet. 
Im Märchen sortiert das Aschenputtel die Linsen: Die schlechten kommen weg und nur die guten in die Schüssel. Bei uns muss nun das Aschenputtel entscheiden, was wegkann und was wir behalten können, um ein gottgemäßes Leben zu führen. 

Das Aschenputtel ist in diesem Fall der Heilige Geist. Paulus schreibt extra noch, dass die Gemeinde den Heiligen Geist nicht unterdrücken oder in seiner Wirksamkeit hindern sollen. 
Damit geht eine gewisse Offenheit einher. Einmal gegenüber den Dingen, die geprüft werden wollen. Die Skepsis darf sich für den Moment einmal hintenanstellen. Wir können erst einmal optimistisch und offen durch das Leben gehen. Vielleicht findet sich mehr Gutes, als wir zu Anfang vermutet hatten. 
Die zweite Art der Offenheit ist die gegenüber dem Heiligen Geist selbst. Bitten wir ihn, uns in unseren Entscheidungen zu helfen. Beziehen wir ihn mit ein in unsere Überlegungen, was gut und bewahrenswert ist. 

Der Heilige Geist hilft uns wie das Aschenputtel, die Dinge zu prüfen und zu bewerten. 

6) Und weil unser Aschenputtel beim TÜV arbeitet, hat sie eine Prüfplakette dabei. 

(Prüfplakette: siehe unter http://www.gunther-seibold.de/jahreslosungen/t_jahre_2025.htm)

Lassen Sie uns diese Prüfplakette einmal zusammen anschauen. 

Gut ist etwas, wenn es zuerst der Ehre Gottes dient. 
Das Gute deckt sich mit dem, was uns die Bibel an Lebensregeln mitgibt, wie zum Beispiel die 10 Gebote. 
Das Gute atmet Freiheit und führt nicht in Enge und Angst. 
Es wird von Gott bestätigt, auch wenn wir das oft erst im Nachhinein erkennen. 
Das Gute geschieht in dem gleichen Geist der Liebe und Zuwendung, in dem Jesus den Menschen begegnet ist. 
Und weil Gott uns auch mit der Fähigkeit des Denkens geschaffen hat, ist das Gute auch vernünftig und lässt sich mit Argumenten unterstützen. 
Um das Gute herauszufinden hilft es auch, die eigenen Gedanken und Ideen mit anderen im Gespräch zu prüfen.  

Mit dieser Prüfplakette kommen wir weiter. 
Dabei hilft es manchmal auch, sich den Dingen von der anderen Seite heranzunähern. 
Als Aschenputtel vor dem Topf mit Linsen saß, war es zu Anfang vermutlich einfacher, die Linsen auszusortieren, die eindeutig nicht mehr essbar waren. 
Der Vers direkt nach unserer Jahreslosung heißt ja: „Meidet das Böse in jeglicher Form.“ (1Thess 5,22) Manches bleibt einfach böse und eben nicht gut. Da ist es auch in Ordnung, wenn wir mit dem Prüfen schnell fertig sind. Doch unsere Welt ist nicht schwarz-weiß. Je weiter es in den Graubereich hineinreicht, desto schwieriger wird es. Deswegen hält uns die Jahreslosung auch vor Augen, genau zu prüfen und genau hinzuhören. 

7) Beim Auto-TÜV ist es ja so, dass man sich erst in zwei Jahren wieder drum kümmern muss. Bei unserer Prüfplakette sieht die Gültigkeitsdauer etwas anders aus. 
Bei den schon genannten 20.000 Entscheidungen pro Tag verlassen wir uns darauf, dass wir bestimmte Sachen einmal geprüft und für gut befunden haben. Ebenso muss man nicht jeden Tag neu grundlegende Entscheidungen überdenken, die man einmal gefällt hat. Nicht jeden Tag ist es erforderlich, abzuwägen, ob man weiterhin als Lokführer arbeiten möchte oder nicht. 
Andererseits ist es manchmal auch lohnenswert, bestimmte Verhaltensmuster von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Denn manchmal ist es auch die Bequemlichkeit, die uns von der Änderung schlechter Gewohnheiten abhält. 
Und dann gibt es jeden Tag Situationen, in denen wir aufgefordert sind, sie auf das Gute hin zu überprüfen. Das betrifft zu allererst das, was wir hören und sagen. Und geht weiter hin zu unseren Handlungen und Umgangsweisen. 
Der Turnus unserer Prüf-Plaketten-Verteilung reicht also nicht aller zwei Jahre, sondern manchmal muss der TÜV auch jeden Tag arbeiten. 

8) „Prüft alles und behaltet das Gute!“ 
Oder anders gesagt: Bitten wir den Heiligen Geist, uns zu helfen, die Dinge zu bewerten und so ein Leben zu führen, das Gott gemäß ist. 
Oder wieder anders gesagt: Aschenputtel arbeitet beim TÜV. Und wenn es wirklich gut ist, dann wird die Prüf-Plakette verliehen.

Und der Frieden Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 

http://www.gunther-seibold.de/jahreslosungen/t_jahre_2025.htm finden.

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